Vaterschaftsurlaub: Zürich macht nicht die beste Falle

Kürzlich war zu lesen, dass Novartis beschlossen hat, seinen männlichen Angestellten künftig einen bezahlten Vaterschaftsurlaub von 14 Wochen zu gewähren, womit sich der Pharmariese schweizweit an die Spitze setzt. Für Novartis geht es um die Attraktivität als Arbeitgeber: Um gute Mitarbeitende anziehen und halten zu können, sind Faktoren wie der Vaterschaftsurlaub heute zunehmend wichtig

Leider macht die Stadt Zürich in dieser Hinsicht aktuell nicht die beste Falle.

Im Januar 2015 habe ich gemeinsam mit der heutigen Nationalrätin Min Li Marti eine Motion eingereicht, die u. a. zum Gegenstand hatte, dass der Vaterschaftsurlaub für städtische Angestellte – nur darauf kann der Gemeinderat Einfluss nehmen – von heute zwei auf künftig vier Wochen verlängert werden soll. Der Vorstoss wurde vom Gemeinderat in der unverbindlichen Form eines Postulats überwiesen. Im Dezember 2018 schickte der Stadtrat mit Beschluss 1043/2018 seinen Umsetzungsvorschlag in die Vernehmlassung. Dieser Vorschlag sieht lediglich drei Wochen Vaterschaftsurlaub vor. Das ist ungenügend!

 

Von der Stadt Zürich ist zu erwarten, dass sie bei diesem zentralen gesellschaftspolitischen Thema den Anspruch hat, progressive Triebfeder zu sein. Denn nur ein Vaterschaftsurlaub von mindestens vier Wochen – und noch besser natürlich eine echte Elternzeit, die beiden Elternteilen zustünde – führt zu tatsächlichen gleichstellungspolitischen Verbesserungen. Es ist vielfach nachgewiesen, wie entscheidend die ersten Wochen sind, damit Väter echte, gleichgestellte Erziehungsverantwortung übernehmen, die auch im späteren Familienalltag erhalten bleibt. Nur so lässt sich die Erwerbskontinuität aufseiten der Mütter sicherstellen, sodass nicht länger sie allein das «Karriererisiko Familiengründung» tragen. Dafür braucht es einen Vaterschaftsurlaub von genügender Länge.

 

Natürlich gilt auch für die Stadt Zürich – genau wie für Novartis –, dass sie im Kontext des aktuellen Fachkräftemangels eine attraktive Arbeitgeberin bleiben muss. Umso mehr ist unverständlich, weshalb sich Zürich hinter anderen Städten wie Bern, Genf und Biel einreihen will, die vier Wochen gewähren, zumal die Kosten für eine zusätzliche Woche von der Stadt mit gerade mal 300 000 Franken jährlich veranschlagt werden. Richtig ist: Auch weniger finanzkräftige KMU befinden sich im Wettbewerb um die begehrten Arbeitskräfte. Das ist aber kein Argument gegen vier Wochen in Zürich, sondern es ist ein Argument für eine Finanzierung über die Erwerbsersatzordnung, wie sie die in Bern leider nicht mehrheitsfähige eidgenössische Volksinitiative für einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub vorsieht.

 

Es steht zu hoffen, dass der Stadtrat nach der Vernehmlassung auf vier Wochen einschwenkt. Ansonsten ist es am Gemeinderat, diese Korrektur vorzunehmen. Das wird dann auch zum Test für die Grünliberalen, die derzeit geradezu aggressiv mit dem Attribut «fortschrittlich» werben: Sie haben vor vier Jahren die Überweisung des Anliegens als Motion verweigert. Und sind so mitverantwortlich dafür, dass dem Stadtrat kein verbindlicher Auftrag für die progressivere Lösung mit vier Wochen erteilt wurde.

 

Dieser Artikel erschien im Lokalinfo „Züriberg“, Ausgabe vom 7. März.