Wir sind (auch) eine Volkspartei

«Was genau ist eigentlich das Problem, können die sich nicht einfach arrangieren und miteinander einen Weg finden?» Diese Frage wird mir in diesen Tagen häufig gestellt, wenn die Rede ist von der Juso, Mario Fehr, der SP und ihrer Zusammenarbeit unter- und miteinander.

Ich bin überzeugt: Die SP ist dann am Stärksten und Erfolgreichsten, wenn sie breit aufgestellt ist und sich als linke Volkspartei versteht. Mit Mitgliedern sowie Exponentinnen und Exponenten von mitte-links bis ganz links kann sie am meisten Wählerinnen und Wähler ansprechen und eine breit abgestützte Politik betreiben. Der Wahlerfolg vom 18. Oktober im Kanton Zürich bestätigt dies. Diese Breite kann aber nicht einfach verordnet werden. Sie erfordert ein aktives Bekenntnis aller Mitglieder: Gemeinsam sind wir am Stärksten. Und sie erfordert einen Umgang nach dem Motto: Leben und leben lassen.

 

 

Auf den aktuellen Konflikt bezogen heisst dies: Mario Fehr und die Juso gehören zur SP. Beide machen den Charakter der SP als Volkspartei aus. Dazu gehört auch, dass nicht immer alle einer Meinung sein müssen. Gerade die Fragen zur Überwachung sind ein Thema, zu welchem es verschiedene Antworten gibt. Nach gewalteter Diskussion gibt es eine Mehrheitsmeinung und damit eine Parteihaltung. Und es gibt eine Minderheitsmeinung, die respektiert werden muss. Das ist Demokratie. Und sozialdemokratische Tradition.

 

 

Dies alles muss sich im politischen Rahmen abspielen. Und genau hier liegt das Problem: Mit der Einreichung einer Strafanzeige hat die Juso den politischen Rahmen verlassen und den Rechtsweg beschritten. Da von Anfang an klar war, dass dieses Vorgehen im konkreten Fall aussichtslos sein würde, handelt es sich um die Ergreifung eines Rechtsmittels zu rein politischen Zwecken gegen ein (eigenes) Regierungsmitglied. Das ist der Punkt, wenn ich von Tabubruch spreche: Das hat es bisher nicht gegeben. Und es hat es aus guten Gründen nicht gegeben: Strafanzeigen sind ein wichtiges und legitimes Mittel, sie dürfen aber nicht einfach nur zu politischen Zwecken verwendet werden. Hätte es statt einer Strafanzeige politische Kritik und eine entsprechende Auseinandersetzung gegeben – die Sache wäre anders verlaufen. Politisches muss politisch gelöst werden. Dass dies funktioniert zeigt die Tatsache, dass die Geschäftsprüfungs- und die Justizkommission des Kantonsrats eine gemeinsame Untersuchung zu den (berechtigten) Fragen rund um die Beschaffung und den Einsatz des Staatstrojaners durchführen. Dieser Untersuchung muss sich selbstverständlich auch Mario Fehr stellen – ebenso der öffentlichen und partei-internen politischen Diskussion.

 

 

Wie weiter? Meine Erwartung ist klar: Die Juso muss den Rechtsweg verlassen und sich im politischen Rahmen bewegen. Mario Fehr muss zur Zusammenarbeit mit der Partei und der Kantonsratsfraktion zurückkehren. Und wir alle müssen uns dafür einsetzen, dass die SP eine Volkspartei ist und bleibt.