Zürich 4.0: Teilhabe aller fördern

Der Wahlkampf rollt an. Zwei Schlagworte werden den Leserinnen und Lesern bis zum 4. März 2018 jetzt überall begegnen: Digitalisierung und Innovation. Keine Partei,
die sich nicht dieser Themen annehmen will. Kein Flyer, auf dem sie fehlen dürften.

Mit gutem Grund: Zürich ist eine innovative Stadt und soll es bleiben. Und Zürich muss weiterhin die Chancen der Digitalisierung zu nutzen suchen, sich aber auch mit ihren Schattenseiten befassen. Für die Gemeinden hat die Digitalisierung besonderes Potenzial, was die Intensivierung und Vereinfachung des Austauschs zwischen den Einwohnerinnen und Einwohnern und den Behörden betrifft. Dazu gehört auch die Verbesserung der gesellschaftlichen und politischen Teilhabe, die bei der Weiterentwicklung dieses Austauschs in meinen Augen ein zentraler Anspruch sein muss.

 

Motion eingereicht

Das – zugegeben sperrige Wort – Teilhabe bezeichnet das Ziel, dass sich möglichst alle Menschen einbringen können und gehört werden, wenn über Dinge entschieden wird, die ihren Alltag beeinflussen. Allzu viele haben heute aber keine Möglichkeit dazu, sei es, weil sie zu jung sind, weil sie nicht stimmberechtigt sind – oder weil es die dafür nötigen Prozesse nicht gibt. Teilhabe gelingt oft dort am besten, wo es um Fragen geht, die uns unmittelbar betreffen: in unserer direkten Umgebung, in unserem Quartier. Gemeinsam mit Christine Seidler habe ich deshalb letzte Woche im Gemeinderat eine Motion eingereicht, mit der wir anregen, den Quartieren kleine Budgetsummen zur Verfügung zu stellen, über deren Verwendung alle Quartierbewohnenden im Sinn des «Participatory Budgeting» entscheiden sollen. «Participatory Budgeting» umfasst konsensorientierte Verfahren, dank denen in vielen Städten der Welt grosse Fortschritte mit Blick auf die Teilhabe aller Bevölkerungsschichten erzielt werden konnten. Welche Verfahren in Zürich konkret zur Anwendung kommen sollen, soll nach unserer Vorstellung mittels eines öffentlichen Ideenwettbewerbs ermittelt werden. Wir sind überzeugt, dass der Vorschlag Möglichkeiten schafft, innovative Ideen in den Quartieren umzusetzen. Bestehenden Akteuren, namentlich den Quartiervereinen, kann dabei eine tragende Rolle zukommen.

 

Projekt «Züri City Card» lanciert

Noch viel gewichtiger um mehr Teilhabe geht es beim letzten Donnerstag präsentierten Projekt «Züri City Card». Es zielt darauf, wirklich allen Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, besonders auch jenen Menschen – den Sans Papiers –, die ohne geregelten Aufenthaltsstatus hier leben und für uns arbeiten. Sie sind heute oftmals nicht einmal in der Lage, ihre existenziellen Rechte wahrzunehmen, ohne dass sie riskieren, entdeckt zu werden. Eine städtische Bürgerinnen- und Bürgerschaft («Urban Citizenship»), wie sie das Projekt «Züri City Card» verwirklichen will, gewährt ihnen dringend benötigten Schutz. Gleichzeitig ist sie für uns alle die Gelegenheit, den nächsten Schritt hin zu einer wirklich inklusiven städtischen Gesellschaft zu tun. Wo, wenn nicht in Zürich, soll dies möglich sein?

 

Dieser Artikel erschien in „Lokalinfo Züriberg“, Ausgabe vom 21. September 2017.